Kuba im Mai 2015. Invasion der Amerikaner! Kaum haben die USA die Handelssanktionen gegen Kuba im Frühjahr gelockert, wurden die stadtbekannten Nachrichtenportale mit solcherlei Schlagzeilen geflutet. Offensichtlich schnürrt so ein historischer Moment nicht nur Freuden, sondern auch Ängste. Und schaut man sich an, was die Mechanismen des globalen Wirtschaftswahninns mit den schönen Flecken unserer Erde üblicherweise anstellen, dann werden die Wurzeln dieser Ängste relativ schnell sichtbar und verständlich. Übersetzt heissen Lockereungen von Sanktionen am Ende des Tages auch nichts anderes als die Erhöhung von Investitionen. In Urlaubsgebieten wie Kuba fliessen die Dollarinos dann wohl hauptsächlich in neue Hotels, Geschäfte, Konsumgüter. Darauf stehen wir Individualreisenden so ganz und gar nicht und suchen immer verzweifelter nach unberührten Reisezielen. Die Welt wird immer kleiner und enger. Immer mehr Menschen können sich das Reisen leisten, was Touristenzahlen exorbitant steigen lässt. Eins wertvolle Geheimtipps, dessen Anreise eine gewisse Abenteuerlust verlangte, schmücken heute die Titelblätter der Reisemagazine und sind entspannt mit Direktflug und Shuttlebus zu erreichen. Kuba ist zwar längst kein Geheimtipp mehr, aber der zeitliche Stillstand der Insel seit der Kubakrise, war bisher ein Garant für eine stabile Unveränderung des Landes. Und so rutschte es in der „Places-to-visit-List“ nur langsam die Rangliste herauf. Das scheint sich nun wohl schlagartig zu ändern. Oder doch nicht?
Kommunismus in Kuba
Die Befürchtung, Kuba´s Städte und Küsten würde innert kürzerstes Zeit vom letzten Schrei westlicher Konsum- und Erholungsstandards überschwämmt werden, hat sich bei mir persönlich nicht bestätigt. Nach meiner dreiwöchigen Reise quer durch die gesamte Insel, habe ich persönlich des Gefühl, dass sich das Gesicht Kuba´s zwar ändern wird, dies jedoch nur sehr langsam geschehen wird. Es gibt einfach wahnsinnig viel zu tun. Infrastrukturell wie technologisch befindet sich das Land noch in den 60ern. Wer daran schnell etwas ändern will, der wird einen langen Atem brauchen – und ein wenig Kleingeld. Ich denke auch, dass sich Veränderungen vor allem auf die Hauptstadt Havanna und die wenigen Badegebiete, wie Varadero und Cayo Coco konzentiereren werden. Viele andere Teile der Insel sind bisher sehr schlecht bis gar nicht ausgebaut oder erreichbar. Obwohl Kuba mitten in der Karibik liegt, bietet es relativ wenige Strandzugänge zum Meer. Ausserdem wäre da noch die nicht unwichtige Randnotiz mit dem Kommunismus. Der Kontrollapparat um Herrn Castro wird sich das Zepter der Macht, nach Jahrzehnten der Kontrolle, eher ungern aus der Hand nehmen lassen. Der Kommunismus auf Kuba ist in der Tat offensichtlich und stark zu spüren. Die Polizei ist allgegenwärtig und kontrolliert regelmässig die Inselbewohner. Auch die Wirtschaft wird vom strengend Arm des Staates geführt. Auf meinem Weg mit dem Mietwagen von Havanna nach Viñales, die Region der Tabakplantagen, habe ich drei gestrandete Kubaner mitgenommen. Ihr knapp 60 Jahre alter Chevy hatte mal wieder den Geist aufgegeben. Als Dankeschön für die fast einstündige Mitfahrgelegenheit haben sie mich am Folgetag auf ihre Tabakplantage eingeladen. Zur Privatvorführung, ganz ohne Touristen. Dort wurde mir der ganze Produktionsprozess vorgestellt und erklärt. Sehr spannend. Bei einer gediegenen Cohiba haben irgendwann auch über die wirtschaftliche Situation gesprochen. 85% der Erträge der Felder, muss die Plantage an den Staat abdrücken. Und das obwohl der Staat die wirtschaftlichen Fesseln vor Kurzen scheinbar etwas gelockert hat. Der Inhaber der Plantage sagte mir, dass jede Woche ein Kontrolleur des Staates unangemeldet zu Besuch kommt und alle Tabakpflanzen peinlich genau nachzählt, um daraus die Anzahl der produzierbaren Zigarren errechnet. Somit sollen Tricksereien bzw. das Wirtschaften in die eigene Taschen, unterbunden werden. Das sei auch einer der Gründe, wieso in Kuba niemand wirklich Reich ist. Schussendlich landen die grossen Erträge auf staatlichen Konten. Hier habe beim IGFM einen recht passenden Artikel dazu gefunden.
Vorsicht Schlagloch
Kuba hat zum Glück auch viele schöne und noch mehr amüsante Seiten. Zum Einen wäre das die bunte Küche, die jeden verdammten Tag aus trockenem Reis, trockenem Fleisch/Fisch und eine paar Scheiben Gurken und Tomaten besteht. Sossen, Dressings oder Gewürze sind den Kubanern wohl nicht geheuer. Moderner Übersee Schnick Schnack. Zum anderem wäre da noch die Sache mit den Verkehrsstrassen. Wobei Strassen grundsätzlich ein mutiger Begriff ist. Vor allem die des tropischen Ostens der Insel, rund um Baracoa sind, gelinde gesagt, ausbaufähig. Im Reiseführer wurde die Strecke von Baracoa zurück in den mittleren Teil der Insel zwar als wirklich schön und sehenswert, aber auch als weniger gut befahrbar, beschrieben. Im Nachhinein stelle ich mir die Frage, womit „weniger gut“ in Relation gesetzt wurde. Denn grundsätzlich ist keine der Strassen in Kuba gut befahrbar. Jedenfalls haben wir mit dieser 150Km langen Strecke wohl den absoluten Schlagloch-Jackpot geknackt. Schlappe fünf Stunden haben wir für diesen Zwischenspurt gebraucht. Im gemütlichen Durchschnittstempo von teils 2Km/h ging es dabei von einem Schlagloch ins andere. Ich habe grundsätzlich die volle Breite der Fahrbahn nutzen müssen, um nicht das Auto irgendwo für immer zu versenken. Besonders amüsant waren Brücken, dessen Aussichtslöscher im Betonboden einen grossartigen Blick auf vorbeiziehende Flüsse boten. Wir waren übrigens die einzigen Bekloppten, die sich diese Route angetan haben. Die staunenden Gesichter und offenen Kinnläden der Kubaner, die ab und wann am Strassenrand des Dschungels standen, werde ich wohl nicht mehr vergessen. Das Auto war nach den drei Wochen ein rollender Schrotthaufen. Soviele Erschütterungen und Schläge hält der stärkste Renault nicht aus. Kleiner Tipp für Reisende mit Mietwagen. Kurz vor Abgabe des Flitzers am Flughafen, aussteigen und alle Stosstanden und Bleche zurück an ihre ursprüngliche Position klopfen. Dann funktioniert die Rückgabe beschwerdefrei.
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