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China - Reisen gegen Klischees

hina im Oktober 2014. Unsere Köpfe sind ein buntes Sammelwerk allerlei lustiger, schockierender und oft falscher Klischees. Egal ob fremde Länder, Kulturen oder Religionen. Unsere Gedanken werden zutiefst beeinflusst von Bildern und Aussagen Anderer. Ich. z.B. komme aus Polen und klaue für mein Leben gern. Ganz dem Motto, „Kaum gestohlen, schon in Polen“. Sind solche Klischees erstmal gesät, bleiben sie im schlechtesten Fall ein Leben lang in unseren Köpfen, ohne je die Chance bekommen zu haben korrigiert zu werden. Dabei ist das Gegengift so einfach wie unkompliziert und für jedermann zugänglich. Sich selbst mit einer Sache auseinandersetzen und dann eine Meinung bilden, statt Vorgekautes widerspruchslos zu glauben und zu akzeptieren. Das hilft nicht nur Klischees abzubauen, sondern auch Verständnis für andere Perspektiven und Lebensstile aufzubauen. Einer der Gründe wieso ich das Reisen für mich entdeckt habe ist es genau diesen Prozess in mir selbst anzustossen und meine eigenen Geschichten zu schreiben.



Chinesische Küche

Dachte ich bisher an China, schossen mir absurderweise meist Gedanken wie zu laut, unhygienisch, hektisch, verschwenderisch und unappetitlich, in den Sinn. Vor allem beim Thema Essen konnte ich mich gedanklich bei besten Willen nicht mit Spezialitäten des Hauses, wie Welpen-Fötus-Soufflé, anfreunden. Keine Frage, China ist schlichtweg gigantisch. Selbst mit blossem Auge wird einem klar, welche Ressourcen dieses Land täglich verschlingen muss, um allein die Menschenmassen ernähren zu können. Zwar habe ich nur Peking, Shanghai und Hong Kong gesehen. Aber schon die Zugfahrt von Peking nach Shanghai, in denen der Schnellzug in Kleinstädten mit weniger als sechs Millionen Einwohnern nicht mal hielt, lies die eigenen Gedanken um den Gigantismus dieses Landes kreisen.


Was die Klischees angeht, nur kleinste Teile von ihnen haben sich bestätigt, was durchaus positiv zu sehen ist. Hektisch und laut war es eigentlich nur in Hong Kong, eine wahnsinnig beeindruckende Stadt. Unhygienisch ist es in den seltensten Fällen, und eigentlich nur, wenn man wie wir, unbedingt auch die Hinterhof-Cuisine probieren will. Dringend zu empfehlen. Ansonsten sind die Innenstädte wie geleckt. Das U-Bahn-System muss gefühlt das sauberste der Welt sein. Und das Essen? Das war die grösste und schönste Überraschung. Es war so irre gut, dass wir teilweise bis zu fünf mal täglich warm gegessen haben. Nirgendwo sonst (Ausnahme im Habanero´s auf Caye Caulker!) habe ich so köstlich gespeist wie ich China. Heute noch pflege ich meine stark ausgeprägte Dumpling-Sucht. Das wirklich Erstaunliche dabei ist, dass ganz egal in welch kleinen und versteckten Küchen man sich befindet, das Essen immer knackig frisch auf den Tisch kommt. Erst nach meiner Reise habe ich erfahren, dass die Chinesen beim Thema Logistik von Nahrungsmittel in einer ganz anderen Liga als wir Europäer spielen. Um so ein 1-Milliarden-Völkchen ernähren zu können, muss man sich eben zu organisieren wissen. Klar gibt es diese ganz „speziellen“ Gerichte, bei dessen alleinigen Anblick der Magen direkt in den Rückwärtsgang schaltet. Doch muss man nach ihnen fast schon suchen. Alles andere lässt sich einfach als „verdammt köstlich“ beschreiben.



Berühmt für einen Tag

Den amüsantesten Moment habe ich in Shanghai erlebt, als ich vor dem „Oriental Pearl Tower“ stand und die Skyline des Finanzbezirks im Abendlicht fotografieren wollte. So etwas benötigt eine gewisse technische Vorbereitung. Da stand ich also da, mit Kamera, Stativ, Verlaufsfilter, Tablet, Kabel und sonstigem Foto-TamTam ausgerüstet. Sowas fällt natürlich auf. Und so bildete sich nach und nach eine Menschentraube um mich. Dabei ging es meinen Fans offensichtlich nicht um meine Fotokunst, sondern um mich als gross gewachsenen Europäer an sich. Zum Zeitpunkt meiner Reise feierte die Volksrepublik gerade den dritten Teil ihrer goldenen Wochen. Diese Nationalfeiertage nutzen viele Chinesen um Metropolen wie Shanghai zu besuchen. Viele von diesen Besuchern kommen aus den tiefsten Ecken China´s und haben teils noch nie ausländische Touristen zu Gesicht bekommen. Und so kam es, dass mich nach einer kleinen Weile ein älterer Mann, mit eher mongolischer Einflüssen, nach einem Foto mit ihm zusammen fragte. Klar, kein Problem, man ist ja höflich. Grinsen, Peace-Zeichen und knips. Durch seinen Mut bestärkt jedoch, wollte auch der Rest seiner sechs-köpfigen Familie dann bitteschön ein Foto mit mir haben. Und zwar alle einzeln. Darauf haben sie peinlich genau geschaut und sich gegenseitig streitig aus dem Bild geschubst. Und weil so eine Autogrammstunde lustig ist, wollten anschliessend auch meine restlichen Groupies ein Andenken mit mir. Aus der Traube wurde dann bald eine Schlange von Menschen, die sich nach und nach mit mir Superstar ablichten lassen hat. Weil die Szene irgendwann einfach zu absurd wurde, habe ich mich nach einer kurzen Weile stilgerecht entschuldigt und meine Zelte abgebrochen. Wir Sternchen haben einfach sehr volle Terminkalender. Bitte um Verständnis. Ein Foto der Skyline habe ich wegen des ganzen Theaters übrigens nicht schiessen können, hatte aber etwas später noch die Gelegenheit die überwältigende Aussicht vom wohl grössten Flaschenöffner der Welt zu fotografieren.



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